Das erste Stück “Zoff in Wisper City” und seine Entstehung
Wer immer schon einmal wissen wollte wie so ein Theaterstück von der Planung bis zur Nachbereitung ablaufen kann (auch wenn es zum Zeitpunkt der Idee noch keinen Verein gab), kann dies hier gerne nachlesen. Der Artikel könnte eventuell ein wenig länger werden, aber die Zeitspanne betrug immerhin mehr als ein Jahr.
Die Idee kam beim Reiten, warum nicht ein Theaterstück in Westernmanier mit Pferden? Keine Pappfiguren oder sowas, richtige Pferde. Und am besten noch etwas Lustiges, der Ernst des Lebens ist ja allgegenwärtig und für die Kinder soll es auch schön sein. Gut, die meisten hätten kurz darüber nachgedacht, kurz gelacht und die Idee verworfen. Nicht in diesem Fall.
Nach einer Menge Überlegungen und Erkundigungen wurde im August 2018 die Freilichtbühne Heidenrod e.V. durch 10 Personen gegründet. Dann wurden weitere Absprachen unternommen bis es zur Offiziellen Schauspielersuche überging, dies wurde im Heidenroder Tip veröffentlicht. Ein Infoabend, wo das Konzept und die Idee vorgestellt wurden, wie alles aussehen könnte. Danach trafen sich die Interessenten an einem weiteren Abend es wurden testweise Rollen verteilt und das Stück durch alle Anwesenden vorgelesen. Die Proben gingen weiter es kamen hier und da ein paar Interessenten hinzu und die Gruppe wuchs stetig weiter zusammen.
Zwischen durch wurden weitere Absprachen getroffen, der Spielplatz organisiert, Spenden und Partner ins Boot geholt und dann kam eine “besondere” Art der Gruppenbildung. Wir bekamen eine ganze Menge Baumstämme geschenkt, wir brauchten ja Holz für die Kulissen und so weiter.
Nun gut, der ein oder andere sieht da jede Menge Potential für den Kamin, aber dank TD Zorn GmbH durften wir im Sägewerk unter fachkundiger Anleitung unsere Festmeter zu Holzbrettern, Balken und Dachlatten umarbeiten. Da alle zusammen und fleißig angepackt haben wurde die Gruppe immer mehr zusammengeschweißt, was im späteren Verlauf viele Situationen bei den Proben vereinfachte. Zum einen ist es nicht alltäglich das man anderen Personen eine Waffe ins Gesicht hält, da greift das Gewissen ein und rät von dem Vorhaben ab. Oder auch Schlägereien, die Bewegungen werden einstudiert, aber im Endeffekt müssen sich alle Parteien vertrauen. Später dazu mehr.
Die Fertigen Bretter wurden dann nach Kemel transportiert, wo wir Hilfe beim Kulissenbau bekamen, und die zugeschnittenen Bretter neu sortierten und palettierten zur späteren Verarbeitung.
Nach etlichen Proben und Arbeitstagen wurde es im April 2019 dann langsam wärmer, zumindest so warm das man am Wisper See auf dem zur Verfügung gestellten Gelände endlich Maß nehmen konnte. Erst wurde grob abgemessen, wo welche Kulisse steht und wie sich das Bühnenbild zusammensetzt.
Nachdem die Bühne grob festgelegt wurde, wurde uns gewiss welche Wege hier zurückgelegt werden würden und welches Ausmaß diese Idee annehmen wird. Aber aufgeben war zu diesem Zeitpunkt in keinster Weise eine Option. Also wurde dann im weiteren Verlauf die Stadtkulisse aufgebaut und der Saloon ausgelegt. Dies machte die weiteren Proben immer besser, da man sich auch mit seiner Umgebung auseinandersetzen musste.
Zwischendurch wurde noch an anderen Veranstaltungen teilgenommen, wie etwa die Pferdenacht in Wiesbaden beim Pfingstturnier, dies hatte auch mehrere Gründe. Zum einen die Werbetrommel rühren und Interesse wecken für das Stück, zum anderen Mensch und Material auf das vorbereiten was noch bevorsteht, der Auftritt vor Publikum.
Um den Vorgaben der Gremien gerecht zu werden wurden dann ca. 35 Tonnen Hackschnitzel auf dem Gelände ausgebracht und verteilt. Erst grob per Maschine und dann der Feinschliff per Handarbeit.
Zwischendurch wurde immer wieder geprobt, Material und Requisiten beschafft, weitergebaut, ein Blockhaus aufgestellt, eine Trapper-Hütte organisiert und aufgebaut, ein Planwagen beschafft, Kontakt mit Hr. Lenz hergestellt der später unsere Kutsche fahren sollte. Hin und wieder wurden unsere vierbeinigen Darsteller mit eingebunden das diese sich an die Situation gewöhnen sollten und das Zusammenspiel von Mensch und Tier zu fördern. Die Kampfszenen gingen in die entscheidenden Phasen, jetzt konnte vor Ort geübt werden mit Kulissen, Schlägereien, ohne sich ernsthaft zu verletzen, mit Kostümen, Requisiten und dann ohne Text. Keine Chance mehr schnell etwas nachzuschlagen, Spielen, sprechen und agieren punktgenau. Wer muss wann wo sein, wie müssen wir stehen damit das Publikum uns richtig sieht? Alles Fragen die ausgearbeitet und umgesetzt werden mussten.
Und dann kam die Tribüne hinzu, der Platz wo unsere Zuschauer platznehmen sollten. Auch dies in echt zu sehen war schon gigantisch. Die Anspannung wuchs weiter. Dann kamen noch pyrotechnische Effekte hinzu die gesteuert und vorbereitet werden mussten.
Des Weiteren ging die Planung der Akustik voran, wer bekommt welches Micro, wann wird es weitergereicht, wie muss gesprochen werden damit man es im Publikum auch versteht?
Die Szenen wurden weiter ausgearbeitet, es wurden die Finalen Requisiten bei den Proben genutzt, es näherte sich immer mehr dem Fertigen Endprodukt.
Nun zum Thema Vertrauen, Kampfszenen wurden ernsthaft trainiert, der ein oder andere versehentliche Treffer kommt trotzdem vor, man wartet vergeblich auf einen Satz, um daran anzuknüpfen, man soll jemandem eine Ohrfeige geben dem man eigentlich Garnichts antun möchte, aber ohne Vertrauen wäre das nicht möglich. Gottseidank haben wir so viele Arbeitsstunden und Probestunden miteinander verbracht, das dieses Hindernis final genommen werden kann. Wenn etwas schiefgeht bei den Proben kann man sich zumindest gewiss sein das man nicht hängen gelassen wird, es gibt immer Rückendeckung, keiner wird verurteilt. Jeder hat immer irgendeine Idee, um selbst in kritischen Momenten alles weiterzuführen, so das der Zuschauer ohne genaue Kenntnis des Textes gar nicht merkt das etwas anders ist als erwartet. Personen kennen ihr Gegenüber durch die Zeit so gut, dass eine Menge möglich ist. Beispiel gefällig?
Normalerweise würde eine Person in Panik verfallen, wenn ihr ein Sack über den Kopf gestülpt wird, ihre Hände gefesselt werden, sie kurz darauf geschultert wird und dann, wenn dies nicht schon beängstigend genug wäre, zu allem Überfluss in den schnellen Laufmodus wechselt und sie quer über den Platz trägt. Aber so etwas ist durchaus möglich, wenn das Vertrauen stimmt.
Auch ein sehr wichtiger Teil der Vorbereitung war für unsere tierischen Statisten alles Mögliche zu tun, um ihr Wohlergehen und die kommende Erfahrung positiv enden zu lassen. So wurden Rückzugsorte geschaffen, wo sie mit ein wenig Abstand vom Geschehen sich ausruhen konnten, mit Wasser und Futter versorgt wurden und jede Menge Zuwendung bekamen.
Aber dann kam der Tag des Jüngsten Gerichts sozusagen, der Tag der Premiere, über ein Jahr harter Arbeit steht auf dem Prüfstand. Die Tribüne füllte sich, die Anspannung wurde ein wenig grösser als einem lieb war, aber dann die Titelmusik. Jetzt ging es los, live und in Farbe, jeder gab alles was er konnte und noch ein wenig mehr.
Auch wenn das ein oder andere Micro den Dienst verweigerte, dies wurde gekonnt mit Humor durch den Kakao gezogen. Das Publikum hatte seinen Spaß was wiederrum uns weiter anstachelte noch ein wenig mehr zu geben. Am Ende der Premiere standen alle entspannt und erleichtert vor dem Publikum.
Doch jetzt, wo die Premiere geschafft war, ging es aber noch weiter. Es blieben noch 3 weitere Vorstellungen, die bewältigt werden wollen, Tiere verpflegen, alles Zusammenräumen und für das nächste Wochenende vorbereiten, Kostüme wieder einsatzbereit machen und nach vorne schauen.
Mit jeder Vorstellung wurden wir selbstbewusster, sicherer und hatten dabei jede Menge Freude. Jeder schaffte es aus seiner Rolle immer wieder ein klein wenig mehr herauszuholen, einen weiteren Gag unterzubringen. Das Wetter spielte uns teilweise zu gut mit, die Temperaturen stiegen an einem Wochenende gefühlt ins unermessliche.
Nachdem alle Aufführungen vorbei waren, kam der nächste Akt, die Kulisse und alle Dekostücke mussten zurückgebaut und eingelagert werden. Veräußerte Gegenstände und die Hütte des Docs wurden zwischenzeitlich von ihren neuen Besitzern abgeholt, die Dekoartikel an ihre Besitzer verteilt und abtransportiert. Die Kulisse wurde wieder in “handliche” Teile zerlegt und eingelagert. Am Ende sah der Platz so leer aus, dabei war man es doch schon gewohnt das dort Wisper-City stand.
Wir hoffen, es hat allen so viel Freude gemacht wie uns und hoffen das dieser etwas längere Artikel ein wenig Aufschluss über die Entstehung und den Werdegang des Stückes näherbringen konnte.
Bis 2021 zum nächsten Stück, es grüßt die Freilichtbühne-Heidenrod e.V.